Kein Rechtsschutz für illegale Online-Casinos

Immer mehr Verbraucher fordern ihre Online-Glücksspielverluste von den Betreibern illegaler Glücksspielplattformen zurück – und das völlig zu Recht. Dieser Ansicht folgt auch das Landgericht Waldshut-Tiengen mit seinem aktuellen Urteil vom 22.09.2021 (Az.: 2 O 296/29).

Die Entscheidung des LG Waldshut-Tiengen reiht sich damit in eine mittlerweile lange Liste (siehe unten) von Urteilen ein, in denen Schadenersatz- und Rückerstattungsklagen von Opfern illegaler Online-Casinos vollumfänglich stattgegeben worden sind.

Die aktuelle Rechtsprechung lässt klar erkennen, dass die Gerichte eine verbraucherfreundliche Linie verfolgen und den nicht überzeugenden Argumenten der Casino-Anwälte eine klare Absage erteilen. Daran vermögen auch die Entscheidungen einzelner Gerichte wie z.B. die Einzelfallentscheidung des LG München I oder auch das Urteil des Amtsgerichts Euskirchen im Ergebnis nichts zu ändern.

Verbraucher-Klagen haben gute Aussichten auf Erfolg

Als Wegbereiter für die Vielzahl von Klagen gegen Online-Casinos gilt das von Gluecksspielforderung.de und der Advofin AG gemeinsam finanzierte Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Gießen gegen eine im Ausland ansässige Betreiberin eines Online-Casinos. Das Landgericht Gießen sprach mit seinem Urteil vom 25. Februar 2021 (Az.: 4 O 84/20) erstmals einem Spieler einen Rückzahlungsanspruch gegen einen Online-Glücksspielanbieter zu. Mit dieser vielbeachteten Entscheidung ebnete das Gericht den Weg für weitere Hunderte von Klagen, die bundesweit die Gerichte derzeit beschäftigen. Und immer mehr Gerichtsentscheidungen fallen zu Gunsten der Kläger aus.

§ 817 BGB als vermeintlicher Rettungsanker für die Online-Casinos

Umso weniger verwunderlich ist es, dass die Betreiber der illegalen Glücksspiel-Plattformen bestrebt sind, im Internet Stimmung gegen klageunterstützende Prozessfinanzierer und Anwaltskanzleien zu machen. Nicht selten lautet der Vorwurf, mit der Prozesskostenfinanzierung lediglich „ein cleveres Geschäftsmodell“ zu unterstützen oder die „bestehende Rechtsunsicherheit“ zunutze zu machen. Doch wirft man einen genaueren Blick auf die Argumentation der Casino-Anwälte, wird schnell deutlich, dass vorliegend Ursache und Wirkung miteinander verwechselt werden.

Tatsächlich sind es nämlich die nach wie vor unlizenzierten Glücksspielunternehmen, die sich sehenden Auges auf ein gesetzeswidriges Vorgehen einlassen und insofern auch damit rechnen müssen, dass dieses gesetzeswidrige Handeln nicht folgenlos bleibt. Während die geschädigten Spieler in langwierigen und teuren Gerichtsverfahren ihre Ansprüche klageweise geltend machen müssen, verdienen Online-Casinos hierzulande ein Vielfaches davon aufgrund ihrer weiterhin betriebenen gesetzeswidrigen Online-Glücksspiel-Angebote.

Regelmäßig argumentieren die Anwälte der Online-Casino-Betreiber, dass die Spieler mit ihrer Teilnahme am illegalen Online-Glücksspiel ebenfalls einen Rechtsverstoß begangen hätten und somit die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB greife. Danach ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Spieler gleichfalls ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zur Last fällt.

Was die Casino-Anwälte aber immer wieder allzu gerne ignorieren: Dazu muss der Spieler erst einmal – und das beweisbar – Kenntnis von der Illegalität des Online-Glücksspiels gehabt haben und für sein Handeln auch rechtlich verantwortlich sein.

Genau das zweifeln allerdings immer mehr Gerichte grundsätzlich an. Im Ergebnis schließen die Gerichte die Anwendung des § 817 BGB daher aus. So stellt beispielsweise das Landgericht Paderborn in seinem Urteil vom 08.07.2021 unmissverständlich klar:

„Die Regelungen des GlüStV sind insbesondere dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels zu schützen. Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch vollständig unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben.“

Diese Argumentation lässt sich ebenfalls in den unten zitierten Gerichtsentscheidungen der Landgerichte finden.

Auf diese Argumente gehen die Kritiker der genannten Gerichtsentscheidungen aber nicht ein. Vielmehr unterstellen sie den Spielern per se die Kenntnis der Illegalität des Online-Glücksspiels. Den Regelungen des § 1, Satz 1, insbesondere die Ziffern 1, 3, und 4 des Glückspielstaatsvertrages, messen sie hingegen keinerlei Bedeutung bei. Dabei sollen gerade diese Vorschriften dem Verbraucherschutz dienen. Vor allem sollen sie die Spieler vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glückspiels bewahren. Auch wenn die Casino-Anwälte bemüht sind, ihren Auftraggebern – den Betreibern illegaler Online-Glücksspiele im Internet – eine Art Rechtsschutz verschaffen zu wollen, sind die wenigsten Gerichte dazu bereit, ihnen diese Absicherung zu gewähren.

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Verbraucherfreundliche Urteile: Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 18.08.2021 – Aktenzeichen: 2b O 154/20), Landgericht München (Urteil vom 30.07.2021 – Aktenzeichen: 31 O 16477/20), Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 19.07.2021 – Aktenzeichen: 19 O 6690/20), Landgericht Mainz (Urteil vom 14.07.2021 – Aktenzeichen: 9 O 65/20), Landgericht Aachen (Urteil vom 13.07.2021 – Aktenzeichen: 8 O 582/20), Landgericht Paderborn (Urteil vom 08.07.2021 – Aktenzeichen: 4 O 323/20), Landgericht Coburg (Urteil vom 01.06.2021 – Aktenzeichen: 23 O 416/20), Landgericht Gießen (Urteil vom 25.02.2021 – Aktenzeichen: 4 O 84/20).
Ferner auch: – Landgericht München II, Versäumnisurteil vom 01.09.2021 – AZ: 13 O 1666/21 – Landgericht Magdeburg, Versäumnisurteil vom 31.05.2021 – AZ: 2 O 1707/20 – Landgericht Nürnberg-Fürth, Versäumnisurteil vom 03.05.2021 – AZ: 14 O 8780/20 – Landgericht Essen, Versäumnisurteil vom 16.04.2021 – AZ: 6 O 339/20 – Landgericht Mosbach, Versäumnisurteil vom 13.04.2021 – AZ: 1 O 378/20 – Amtsgericht Meppen, Versäumnisurteil vom 16.03.2021 – AZ: 3 C 775/20 – Landgericht Meiningen, Versäumnisurteil vom 26.01.2021 – AZ: 2 O 616/20 – Landgericht Nürnberg-Fürth, Versäumnisurteil vom 18.11.2020 – AZ: 13 O 4517/20 – Landgericht Freiburg, Versäumnisurteil vom 14.10.2020 – AZ: 14 O 122/20 – Landgericht Traunstein, Versäumnisurteil vom 01.10.2020 – AZ: 2 O 3808/19.

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